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Branchenumfrage: Fahrradbranche trotz Corona-Krise optimistisch

Ber­lin, 19. Mai 2020.

Die Ver­bän­de der Fahr­rad­wirt­schaft BVZF, VSF und ZIV haben gemein­sam mit den Fach­me­di­en Velo­biz, SAZ Bike und Rad­markt eine gro­ße Bran­chen­um­fra­ge zu den Aus­wir­kun­gen der Coro­na-Kri­se durch­ge­führt. Die Ergeb­nis­se lie­gen jetzt vor und bele­gen, dass die Bran­che zwar spür­bar von der Kri­se getrof­fen wur­de, jedoch ins­ge­samt opti­mis­tisch in die Zukunft blickt, sofern es nicht zu einem wei­te­ren Lock­down oder Lie­fer­eng­päs­sen kommt. Ange­sichts der aktu­el­len Ent­wick­lung mit lan­gen Schlan­gen vor Fahr­rad­lä­den for­dern die Ver­bän­de von der Poli­tik, für ein fahr­rad­freund­li­ches Ver­kehrs­kli­ma zu sor­gen.

Ergeb­nis­se aus dem Bereich Her­stel­ler, Groß­händ­ler und Dis­tri­bu­teu­re

Sieg­fried Neu­ber­ger, Geschäfts­füh­rer des Zwei­rad-Indus­trie-Ver­ban­des ist erleich­tert, dass nur sehr weni­ge Unter­neh­men (3,5%) aus dem Bereich Her­stel­ler, Groß­han­del und Dis­tri­bu­teu­re Arbeits­plät­ze in Fol­ge der Coro­na-Kri­se abbau­en muss­ten. „Für etwa ein Vier­tel der Fir­men hat sich zudem die Auf­trags­la­ge bereits wie­der nor­ma­li­siert, wei­te­re 45% rech­nen mit einer Nor­ma­li­sie­rung ab dem drit­ten Quar­tal die­ses Jah­res“, so Neu­ber­ger wei­ter. 

Kre­di­te (16%) und Sofort­hil­fen (22%) sei­tens Bund und Län­dern wur­den nur von einer Min­der­heit der Unter­neh­men in Anspruch genom­men. Aller­dings wur­de die Mög­lich­keit von Kurz­ar­beit von über 60% der Befrag­ten bean­tragt. Was die Umsatz­ent­wick­lung für 2020 angeht, ist das Mei­nungs­bild noch recht viel­sei­tig, da es für vie­le Teil­neh­mer schwie­rig ist eine Pro­gno­se abzu­ge­ben. Immer­hin eine posi­ti­ve Fol­ge bringt die Coro­na-Kri­se mit sich: Sie leis­tet einen Schub für die Digi­ta­li­sie­rung. So will sich fast die Hälf­te (48%) der Her­stel­ler künf­tig stär­ker mit digi­ta­len Ange­bo­ten beschäf­ti­gen. 30% sehen sich in die­sem Bereich bereits gut auf­ge­stellt. 

Ergeb­nis­se aus dem Bereich Han­del

Dirk Sex­au­er, Geschäfts­füh­rer im Ver­bund Ser­vice und Fahr­rad (VSF e. V.) beschreibt die Situa­ti­on für den Ein­zel­han­del: „In den Fahr­rad­ge­schäf­ten wir­ken sich die Fol­gen der Coro­na-Kri­se direkt und unmit­tel­bar aus. Müs­sen die Geschäf­te schlie­ßen, bricht der Umsatz sofort weg; wenn wie­der ver­kauft wer­den darf, kann bei ent­spre­chen­der Nach­fra­ge rasch hoch­ge­fah­ren wer­den. Inso­fern waren die schnel­len Hil­fen zur Über­brü­ckung von Liqui­di­täts­eng­päs­sen ein wich­ti­ger Bei­trag für den Fahr­rad­han­del, denn die Schlie­ßung betraf aus­ge­rech­net das für den Umsatz immens wich­ti­ge Früh­jahr. Dem­nach wur­den die Sofort­hil­fen auch von mehr als der Hälf­te der Unter­neh­men genutzt (59%), und Kurz­ar­beit zu rund 40% wäh­rend auf Kre­di­te deut­lich weni­ger zurück­ge­grif­fen wur­de (18%). 

Wich­tigs­tes Anlie­gen muss­te sein, die kost­ba­ren Fach­kräf­te in den Unter­neh­men zu hal­ten. Inso­fern sind wir sehr froh, dass weni­ger als 10% der Ein­zel­händ­ler Mit­ar­bei­ten­de ent­las­sen muss­ten.

Ein zuver­sicht­li­ches Signal sen­den die Unter­neh­men bezüg­lich der erwar­te­ten Umsatz­ent­wick­lung für die­ses Jahr. Unter dem Ein­druck der ers­ten Tage nach Öff­nung der Läden erwar­ten zwei Drit­tel der Fach­händ­ler (67%) für 2020 einen Umsatz auf Vor­jah­res­ni­veau oder sogar dar­über – übri­gens unab­hän­gig von der Unter­neh­mens­grö­ße. Mehr als die Hälf­te (54%) ant­wor­te­te auf die Fra­ge, wann sie mit einer Nor­ma­li­sie­rung der Absatz­si­tua­ti­on rech­nen, dass die­ser Zustand bereits ein­ge­tre­ten sei.

Dass Coro­na man­che Ent­wick­lung beschleu­nigt, bestä­ti­gen die Ant­wor­ten der Unter­neh­men beim The­ma digi­ta­le Werk­zeu­ge, denn rund 70% der Fahr­rad­händ­ler wol­len sich zukünf­tig stär­ker um digi­ta­le Ange­bo­te für Ihre Kun­den küm­mern, wie z. B. Click&Collect, Drop­ship­ping etc.“

Ergeb­nis­se aus dem Bereich Dienst­leis­tun­gen

Wasi­lis von Rauch, Geschäfts­füh­rer des Bun­des­ver­band Zukunft Fahr­rad zieht ein ins­ge­samt opti­mis­ti­sches Fazit: „Coro­na hat die Dienst­leis­ter getrof­fen, weil mit dem Fahr­rad­han­del der zen­tra­le Ver­triebs­ka­nal zur Hoch­sai­son schlie­ßen muss­te. Zahl­rei­che Unter­neh­men haben Kurz­ar­beit bean­tragt (30%) oder Sofort­hil­fen in Anspruch genom­men (52%). Arbeits­plät­ze abge­baut haben 8%, immer­hin 11% befürch­ten, es noch tun zu müs­sen. Das Fahr­rad hat als kri­sen­si­che­re­re Ver­kehrs­mit­tel jedoch auch neue Ziel­grup­pen über­zeugt und befin­det sich im Auf­wind – die gro­ße Mehr­heit der Dienst­leis­ter (69%) erwar­tet für 2020 ins­ge­samt den glei­chen oder höhe­ren Umsatz als 2019 und eine bal­di­ge Nor­ma­li­sie­rung des Absat­zes. Ich den­ke, den Umstän­den ent­spre­chend ist das ein guter Aus­blick.“

Das Fahr­rad als unent­behr­li­ches Ver­kehrs­mit­tel vor, wäh­rend und nach Coro­na

Die Coro­na-Kri­se zeigt sehr deut­lich, dass das Fahr­rad ein unent­behr­li­cher Bestand­teil moder­ner Mobi­li­tät ist. Sehr vie­le Men­schen sind aus dem öffent­li­chen Nah­ver­kehr auf Alter­na­ti­ven umge­stie­gen – vie­le von ihnen aufs Fahr­rad. Gera­de für sie ist die aktu­el­le Fahr­rad­in­fra­struk­tur an vie­len Orten unzu­rei­chend. Pas­send dazu wur­de in der Umfra­ge deut­lich: Händ­ler, Her­stel­ler und Dienst­leis­ter for­dern vor allem gute Infra­struk­tur und ein fahr­rad­freund­li­ches Ver­kehrs­kli­ma als zen­tra­le Vor­aus­set­zun­gen für ihren wirt­schaft­li­chen Erfolg. Der öffent­li­che Raum muss fai­rer auf­ge­teilt wer­den, eini­ge Städ­te, wie Ber­lin machen es vor. Nur so kann ver­hin­dert wer­den, dass Coro­na bedingt noch mehr Men­schen ins eige­ne Auto stei­gen und der städ­ti­sche Ver­kehr zum Erlie­gen kommt. 

Des­halb unter­stüt­zen die betei­lig­ten Ver­bän­de das Bünd­nis #Mobil­Prä­mie­Für­Al­le und for­dern, die Debat­te um För­de­run­gen der Auto­in­dus­trie brei­ter zu füh­ren. Es muss dar­um gehen, einen gesun­den und kli­ma­ge­rech­ten Ver­kehr zu för­dern. Dazu gehö­ren Bus und Bahn, Fuß­ver­kehr und das Fahr­rad. 

Wasi­lis von Rauch, Bun­des­ver­band Zukunft Fahr­rad e.V. 
Dirk Sex­au­er, Ver­bund Ser­vice und Fahr­rad e.V.
Sieg­fried Neu­ber­ger, Zwei­rad-Indus­trie-Ver­band e.V.


Der Bun­des­ver­band Zukunft Fahr­rad (BVZF)

Der Bun­des­ver­band Zukunft Fahr­rad (BVZF) ist ein Zusam­men­schluss dyna­mi­scher und inno­va­ti­ver Unter­neh­men aller Berei­che der Fahr­rad­wirt­schaft: Dienst­leis­ter, Her­stel­ler, Start-ups der Digi­ta­li­sie­rung, Händ­ler und Zulie­fe­rer. Der Schwer­punkt liegt im Bereich der Dienst­leis­tun­gen. Als neue und eta­blier­te Unter­neh­men in einem stark wach­sen­den und sich ste­tig ver­än­dern­den Markt haben alle ein gemein­sa­mes Ziel: die nach­hal­ti­ge Mobi­li­täts­wen­de. Mehr Infor­ma­tio­nen unter www.zukunft-fahr­rad.org.

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Kon­takt: Andrea Rich­ter | presse@bvzf.org | Tel. 0160 95 64 63 64


Foto von David Hertle