Berlin, 24. November 2021.
Die Herausforderungen im Straßenverkehr sind angesichts zu hoher CO2-Emissionen sowie Lärm, Flächenverbrauch und Feinstaub gewaltig. Deutschland braucht eine nachhaltige und umfassende Verkehrswende. Das Fahrrad bietet dafür als flexibles sowie ressourcen- und flächeneffizientes Verkehrsmittel Potenziale. Der neue Koalitionsvertrag ist allerdings nur eine unzureichende Verbesserung zum Status Quo und ist angesichts der Anforderungen an eine Verkehrswende eine vertane Chance.
Wasilis von Rauch, Geschäftsführer des Bundesverband Zukunft Fahrrad, dazu: „SPD, Grüne und FDP bekennen sich zum Nationalen Radverkehrsplan und damit zum „Fahrradland Deutschland 2030“. Dieses Ziel benötigt allerdings umfassende, ambitionierte Maßnahmen. Der vorliegende Koalitionsvertrag wird diesem Anspruch trotz einzelner positiver Ansätze nicht gerecht. Der Vertrag weist weder den Weg zur Verkehrswende noch in Richtung Fahrradland.“
Konkret bewertet der Bundesverband Zukunft Fahrrad die Ergebnisse wie folgt:
- Die Regierungsparteien bekennen sich zum neuen nationalen Radverkehrsplan (NRVP). Dieser enthält zwar viele positive Ziele für das Jahr 2030, Zwischenziele und konkrete Maßnahmen fehlen allerdings.
- Es ist ein wichtiger Zwischenschritt, dass die Finanzmittel für den Radverkehr bis 2030 fortgeschrieben werden. Damit sie abfließen können, braucht es eine Personaloffensive für die Radverkehrsplanung. Mittelfristig müssen die Finanzmittel von aktuell rund 11 Euro pro Bundesbürger*in auf 30 Euro pro Bundesbürger*in steigen.
- Die angekündigte Anpassung des Straßenverkehrsgesetzes und der Straßenverkehrsordnung ist zu begrüßen. Klima- Umweltschutz, Gesundheit und städtebaulichen Entwicklung als Ziele aufzunehmen ist ein wichtiger Schritt. Es kommt nun darauf an, die verschiedenen Ziele in das richtige Verhältnis zu setzen. Die für die ‚Vision Zero‘ wichtigste Maßnahme Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit fehlt. Das ist ein schlechtes Zeichen.
- Das Fahrrad ist für die intermodale Verknüpfung der Verkehrsmittel zentral. Die Koalition will die Verknüpfung mit dem öffentlichen Verkehr stärken. Das dafür wichtige Car-Sharing wird erwähnt, Bike-Sharing kommt leider nicht vor. Ein Förderprogramm „Bike-Sharing“ wäre nötig, um Leihfahrräder flächendeckend und auch in Kleinstädten einzuführen.
- Die Potenziale des Lastenrads als Alternative zum PKW sind sowohl für den Wirtschaftsverkehr als auch für Privathaushalte enorm, dessen Förderung kommt im Koalitionsvertrag leider nicht vor. Dabei müssen SPD, Grüne und FDP die bestehende Lastenradförderung vielmehr aufstocken und ausweiten.
- Dienstliche Mobilität ist überproportional für die CO2-Emissionen auf deutschen Straßen verantwortlich. Funktionierende Lösungen wie das Dienstradleasing müssen daher auf eine gesetzliche Grundlage gestellt und betriebliches Mobilitätsmanagement gefördert werden. Leider werden diese einfachen Lösungen für mehr Wahlfreiheit nicht aufgegriffen. Die Dienstwagenbesteuerung, die sowohl ökologisch als auch sozial ungerecht ist, wird nicht substanziell geändert. Das steht im Widerspruch zum Ziel, klimaschädliche Subventionen abzubauen.
- Eine Reform des Bundesverkehrswegeplans ist sehr wichtig. Dementsprechend begrüßen wir einen neuen Bundesverkehrswege- und ‑mobilitätsplan 2040.
- SPD, Grüne und FDP kündigen eine Start-up‑, Gründungs- und Innovationsförderung auch für nachhaltige Mobilität an. Diese muss den Fahrradwirtschaftsstandort Deutschland in den Blick nehmen und als zentralen Wachstumsmarkt und Jobmotor aktiv fördern.
Das Potenzial des Fahrrads und der Fahrradwirtschaft ist enorm. Fahrradmobilität ist nachhaltige Mobilität. Mit der richtigen Verkehrspolitik und einer fördernden Industrie- und Wirtschaftspolitik kann die deutsche Fahrradwirtschaft noch viel mehr leisten. Der Bundesverband Zukunft Fahrrad wird sich in dieser Legislaturperiode dazu aktiv einbringen und fordert die neue Bundesregierung dazu auf, gemeinsam Deutschland als global führenden Fahrradstandort mit zukunftsfesten Arbeitsplätzen weiterzuentwickeln. Es gilt nun, den vorliegenden Koalitionsvertrag bestmöglich zu nutzen und im gemeinsamen Dialog aus dem Bekenntnis zum NRVP in die Umsetzung zu kommen.
Der Bundesverband Zukunft Fahrrad (BVZF)
Der Bundesverband Zukunft Fahrrad (BVZF) ist ein Zusammenschluss dynamischer und innovativer Unternehmen aller Bereiche der Fahrradwirtschaft: Dienstleister, Hersteller, Start-ups der Digitalisierung, Händler und Zulieferer. Der Schwerpunkt liegt im Bereich der Dienstleistungen. Als neue und etablierte Unternehmen in einem stark wachsenden und sich stetig verändernden Markt haben alle ein gemeinsames Ziel: die nachhaltige Mobilitätswende. Mehr Informationen unter www.zukunft-fahrrad.org.
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Kontakt: Andrea Richter | presse@bvzf.org | Tel. 0160 79 58 027
Foto von Maxim Abramov